Monate: April 2016

Beitrag von 2011 bestätigt Thesen

Seit Jahren weist die ARGE Nister, allen voran Manfred Fetthauer, auf die Selbstreinigungskraft des Flusses und deren Störfaktoren hin. In seinem Beitrag „Die Selbstreinigungskraft der Fließgewässer – eine vergessene Funktion?!“ von April 2011 kommt Dr. Werner Bauer vom Verband für Fischerei und Gewässerschutz in Baden-Württemberg zu den gleichen Schlüssen. Was Dr. Bauer schon 2011 beschreibt, ist mittlerweise an vielen Gewässern in Deutschland Wirklichkeit geworden – mit allen beschriebenen Folgen.

Seite 1 des Beitrags finden Sie unter Bauer 1, Seite 2 unter Bauer2.

Veröffentlicht mit der Erlaubnis von Dr. Werner Bauer und dem Verband Bayerischer Berufsfischer e.V. in seiner Zeitschrift „Fischer & Teichwirt“, Nürnberg, Ausgabe 04/2011.

Gewässerkurs erfolgreich gelaufen

Mischung aus Theorie und Praxis kam sehr gut an –
Teilnehmer äußerten Wunsch nach Aufbauseminar

Als Dr. Carola Winkelmann vom Institut der Naturwissenschaften der Uni Koblenz und Manfred Fetthauer von der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Nister im Herbst 2015 bei Probeentnahmen im kalten Wasser der Nister standen, hatten sie die Idee, gemeinsam für interessierte Naturschützer ein Gewässerseminar abzuhalten. Da derzeit ein Forschungsprojekt der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) an der Nister läuft, entstünden sicher viele offene Fragen zur Fliessgewässerökologie, dachten sich die beiden Gewässerexperten.

Gesagt, getan: Das Zentrum für Fernstudien und Universitäre Weiterbildung der Uni Koblenz organisierte ein zweitägiges praxisorientiertes Seminar, das in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Limnologie e.V. sowie der ARGE Nister durchgeführt wurde. Ziel war es, haupt- und ehrenamtlichen im Naturschutz tätigen Menschen die wichtigsten gewässerökologischen Grundlagen zu vermitteln.

Mehr als erstaunt waren die Organisatoren, als sich auf Anhieb 45 Interessierte für das auf 30 Teilnehmer angelegte Seminar gemeldet hatten. Fachleute aus der Wasserwirtschaft, dem Naturschutz, der Fischerei, der Industrie, dem Dienstleistungszentrum ländlicher Raum und einige Bachpaten kamen am ersten Tag in Koblenz zusammen. Sie waren nicht nur aus Rheinland-Pfalz, sondern sogar aus dem Schwarzwald und der Ostsee angereist.

Dr. Carola Winkelmann, die an der Universität Koblenz-Landau als Dozentin im Bereich Biologie, Angewandte Fließgewässerökologie, eine Arbeitsgruppe leitet, eröffnete das Seminar. Sie führte die Teilnehmer über Grundlagen hin zu den Kleinstlebewesen, zu den Räuber-und-Beute-Verhältnissen, ohne die intakte Gewässer nicht existieren können. Vielen Teilnehmern wurde im Laufe des Tages bewusst, was sich hinter den „Ökologischen Dienstleistungen“ verbirgt. Fische wie die Nasen gehören dazu, die die Algen von den Kiesbänken schaben und so als „Dienstleister des Gewässers dafür sorgen, dass das Algenwachstum nicht überhand nimmt und der Fluss gesund bleibt. Die Natur stellt der Menschheit diese ökologischen Dienstleister, die aber heute meist in Vergessenheit geraten sind, zur Verfügung.

Praxisorientiert lernten die Teilnehmer den Aufbau von Fließgewässern kennen. Einen Schwerpunkt legten Winkelmann und Fetthauer auf die Unterscheidung von Sammlern, Zerkleinern, Weidegänger und Räubern, dem Makrozoobenthos. Wichtige Fragen waren: Welche Rolle spielen Nährstoffeinträge? Worher kommen sie? Was können wir dagegen tun, dass zu viele Nährstoffe in den Fluss geraten? Welche Bedeutung hat der Wald und das Umland? Anhand von Fallstudien wurde über sinnvolle und sinnlose Maßnahmen am Gewässer diskutiert.

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Bezogen auf die ökologischen Dienstleistungen startete der zweite Tag an der Nister in Stein-Wingert. Was es bedeutet, wenn diese Dienstleistungen und die Selbstreinigungskraft der Gewässer durch das Fehlen der Fische zusammenbrechen, stellte Manfred Fetthauer in einem kurzen Vortrag vor. Für diesen Zusammenbruch macht Fetthauer an der Nister den Kormoran verantwortlich. Dass eine Überfischung der zahlenmäßig am höchsten vorkommenden Fischart im Gewässer eine Veralgung zur Folge hat, sei in einer neuen Studie über die Meere erwiesen worden und könne so 1:1 auf Fließgewässer übertragen werden, erklärte der Naturschützer. Im Falle der Nister fehlten dank des Kormorans nun die Nasen. Durch die Überfischung steigen Veralgung und pH-Wert, während der Sauerstoffgehalt sinkt. Verstorbene Algen verstopfen das Kiesbett, das als „Niere“ des Gewässers den Fluss sauber hält. Der Fluss stirbt und mit ihm seine Lebewesen: ein Teufelskreislauf.

Wasserstand und Wetter ließen es zu, dass die Teilnehmer in einem sich wieder aufbauenden und geschützten Fischbestand die Nasen bei der Arbeit beobachten konnten. Vor Ort zeigte Dr. Carola Winkelmann den Teilnehmern, wie die Forschungsarbeiten zum BLE-Projekt an der Nister ablaufen.

Walter Hammes vom NABU Waldbreitbach, einer der Teilnehmer, schilderte, wie dramatisch sich der Fischbestand in der nahe gelegenen Wied seit dem Auftreten des Kormorans 1992 verändert hat und zeigte damit auch auf, dass nicht nur die Nister von den Folgen betroffen ist. Zum Schluss konnte Manfred Fetthauer noch von dem Gold der Nister berichten, dem letzten verbliebenen Perlmuschelbestand auf der gesamten Rheinschiene. Alle Teilnehmer baten im Abschlussgespräch um eine sich aufbauende Weiterführung dieser Fortbildung im nächsten Jahr. Die Organisatoren versprachen, sich darum zu bemühen.

Eine zweite Veranstaltung für diejenigen Interessierten, die an diesem Kurs nicht teilnehmen konnten, wird im September 2016 stattfinden. Nähere Informationen dazu gibt die Universität Koblenz Landau auf ihrer Seite unter
https://www.uni-koblenz-landau.de/de/zfuw/gewaesseroekologie-naturschutzpraktiker

Text: Manfred Fetthauer