Alle Artikel in: Kormoran

Bildserie eines Kormorans, der mit Fisch im Schnabel auftaucht und diesen verschlingt

Gefahren im Winterquartier

Auch Fische ziehen sich für die Winterruhe in sogenannte Winterquartiere zurück. Dort stellen sie dicht gedrängt und mit reduziertem Stoffwechsel, also langsam und träge, eine leichte Beute für überwinternde Fischfresser dar.

Bei Stein-Wingert ist insbesondere das Winterquartier unterhalb der Brücke duch die beeindruckenden Fotos von Manfred Fetthauer bekannt, doch auch der oberhalb des Wehrs gelgene kleine Altarm wird von den Schwarmfischen der Nister (Nase, Döbel, Hasel, Schneider und andere) als Winterquartier genutzt. Um abzuschätzen wie stark die Fischbestände der Nister durch überwinternde fischfressende Vögel unter Druck gesetzt werden, haben wir diesen Altarm im Winter 2021/22 mit Wildkameras überwacht. Erste Ergebnisse wurden auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Limnologie (DGL) 2022 in Konstanz vorgestellt und können  im Tagungsband nachgelesen werden.

In der folgenden kleinen Bildergalerie sind regelmäßig auftretende fischfressende Vögel am Altarm abgebildet. Bei allen Aufnahmen handelt es sich um Fotos der Wildkameras, so dass die Bildqualität leider nicht optimal ist. Für eine größere Darstellung Bilder bitte anklicken.

Kormoran, der den gefangen Fisch bereits unter Wasser verschlingt. Aufnahmezeitpunkt 12.03.2022 um 9:26 Uhr.

Kormoran, der den gefangen Fisch bereits unter Wasser verschlingt. Unten rechts im Bild sind schmenehaft weitere Fische zu sehen.

Jagdgesellschaft aus mehreren Kormoranen, zwei Grau- und zwei Silberreihern. Aufnahmezeitpunkt 23.03.2022 um 7:03 Uhr

Jagdgesellschaft aus mehreren Kormoranen, Grau- und Silberreihern. Vollgefressen verlässt ein Kormoran zu Fuß den Altarm.

Während Silberreiher und ein Kormoran bereits erfolgreich waren fliegen drei weitere Kormorane in den Altarm ein. Aufnahmezeitpunkt 14.12.2021 um 14:56 Uhr.

Während Silberreiher und ein Kormoran bereits erfolgreich waren fliegen drei Neuankömmlinge in den Altarm ein.

Erfolgreiche Jagdgesellschaft in der Dämmerung: zwei Kormorane und ein Graureiher mit Fisch. Aufnahmezeitpunkt 20.02.2022 um 7:52 Uhr

Erfolgreiche Jagdgesellschaft: zwei Kormorane und ein Graureiher mit Fisch.

Nach etwa einer halben minute verlassen drei Kormorane zu Fuß den Altarm. Aufnahmezeitpunkt 20.02.2022 7:52 Uhr.

Zu schwer zum fliegen (too fat to fly): Eine halbe Minute später verlassen drei vollgefressenen Kormorane zu Fuß den Altarm.

NAch erfolgreicher Jagd: Kormoran mit kleinem Fisch, Graureiher mit großem Fisch. Aufnahmezeitpunkt 09.02.2022 8:30 Uhr.

Auch Graureiher verzehren große Fische. Hier hat der Graureiher den größeren Fang gemacht.

Gänsesäger Pärchen: Weibchen grau mit braunem Kopf, Männchen weiß mit schwarzen Flügeldecken und Kopf. Aufnahmezeitpunkt 04.01.2022 um 8:59 Uhr

Gänsesäger waren ebenfalls regelmäßige Gäste des „Buffets“ im Altarm. Hier ein Pärchen (Weibchen links, Männchen rechts).

Vier Kormorane und ein Graureiher stehen auf einer dünnen Eisschicht auf dem Altarm.

Die dünne Eisschicht bot den Fischen leider nur einen sehr kurzzeitigen Schutz. Durch den Klimawandel ist die Zahl der Eistage an der Nister in den letzten Jahren erheblich gesunken. Die Aufnahme entstand Anfang März 2022; durch die sehr niedrigen vorangegangenen Temperaturen war die Stromversorgung der Kameras (AA-Batterien) zeitweise unterbrochen und Zeit und Datum des Gerätes wurden zurückgesetzt.

Als Fotofallen wurden Berger & Schröter FullHD Wildkamera 16 Megapixel Black LEDs Braun
(Hst.-Nr.: 31646) verwendet.

Berger & Schröter FullHD Wildkamera 16 Megapixel Black LEDs Braun (Hst.-Nr.: 31646) frontal Berger & Schröter FullHD Wildkamera 16 Megapixel Black LEDs Braun (Hst.-Nr.: 31646) offen

Die Untersuchungen wurden im Rahmen des vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags geförderten Modell- und Demonstrationsvorhabens BIOEFFEKT II (2818BM084, Laufzeit 2019-2022). Projektträger war die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.

Logo des Bundesministriums für Ernährung und Landwirtschaft und des Projektträgers Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung

Autor: Daniela Mewes

Fische als Ökosystemdienstleister

Auf der Woche der Umwelt 2021 hatten wir die einmalige Gelegenheit die Bedeutung gesunder Fischbestände, insbesondere von Nase (Chondrostoma nasus) und Döbel (Squalius cephalus), für die Qualität unserer Fließgewässer einer breiten Öffentlichkeit näherzubringen.

Der Schlüssel für eine gute Gewässerqualität ist dabei die Unterstützung der gewässereigenen Selbstreinigungskraft. Die Selbstreinigungskraft ist die Fähigkeit des gesunden Gewässers  Abfallprodukte natürlichen aber auch menschlichen Ursprungs abzubauen. Hier übernimmt das Kieslückensystem (hyporheisches Interstitial) eine Funktion vergleichbar mit unserer Leber, die uns hilft schädliche Stoffe abzubauen und umzuwandeln.  Bleibt man in dieser Metapher, so sorgen die Fische dafür, dass die Blutzirkulation in der Leber sichergestellt ist, also dass das Kieslückensystem in ausreichendem Maße durchströmt wird, um sowohl neue Stoffe und frischen Sauerstoff einzutragen als auch die Abbauprodukte abzutransportieren.

Die wichtigtsten Zusammenhänge und unser Modellprojekt BIOEFFEKT haben wir auf den folgenden Postern  (zum Vergößern bitte anklicken) und in dem verlinkten YouTube-Video (gerne einen Daumen nach oben da lassen, wenn das Thema interessiert) dargestellt:

Das Kieslückensystem

Eutrophierung

Die Rolle des Kormorans

Biomanipulation zur Unterstützung der Selbstreinigungskraft

Modellprojekt BIOEFFEKT

Modellprojekt BIOEFFEKT – Ergebnisse

Autorin: Dr. Daniela Mewes

Wenn Minus mal Minus nicht Plus ergibt – Das Problem der negativen Verstärkung

Die Nister war lange Zeit, trotz hoher Nährstoffkonzentrationen (v.a. Phosphate), das Vorzeigegewässer in Rheinland-Pfalz. Als „grünes Juwel des Westerwaldes“ konnte sie sowohl mit einer erfolgreichen Wiederansiedelung und natürlichen Reproduktion des Atlantischen Lachses als auch mit Populationen der stark bedrohten Flussperlmuschel und Bachmuschel aufwarten. Doch die letzten Jahrzehnte sind nicht spurlos an der Nister vorbeigegangen und die ökologische Gewässerqualität verschlechtert sich dramatisch. Diese Veränderung bemerken auch Anwohner, Spaziergänger oder Wanderer, die sich entlang der Nister in der Natur entspannen und sich am Gewässer erfreuen wollen. Wo man früher im Sommer das kühle Nass genießen konnte, sieht und riecht man nun ein stark veralgtes Gewässerbett, welches bereits eine simple Querung der Nister an einer Furt zu einer rutschigen und dadurch gefährlichen und ekligen Erfahrung macht. Ein eindeutiges Merkmal einer Gewässereutrophierung.

Der Begriff Eutrophierung bezeichnet die massenhafte Entwicklung von Algen in Folge einer übermäßigen Nährstoffverfügbarkeit. In Seen und aufgestauten Gewässerabschnitten, z.B. Talsperren, sind dies sogenannte Algenblüten planktischer Algen, also Massenentwicklungen von Algen, welche im Freiwasser „schweben“. Da Fließgewässern aufgrund ihrer Strömung keine Entwicklung planktischer Algen erlauben, äußert sich eine Eutrophierung in der Massenentwicklung am Gewässergrund wachsender Algen (benthische Algen). Genau das ist mittlerweile in jedem Frühjahr und Sommer an der Nister zu beobachten.

Doch eine hohe Nährstoffverfügbarkeit muss nicht immer zu Algenmassenentwicklungen führen. Auch dies lässt sich gut am Beispiel der Nister darlegen. Bereits in den 90er Jahren wies die Nister hohe Nährstoffkonzentrationen auf, die vergleichbar bzw. sogar höher als die heutigen waren. Dennoch wurden die ersten Algenmassenentwicklungen erst Anfang der 2000er Jahre beobachtet und 2010 von Manfred Fetthauer dokumentiert.

Vergleich der Algenentwicklung in der Nister zwischen dem Frühjahr 2001 und 2010. Beide Fotos wurden von der Straßenbrücke in Stein-Wingert fotografiert. Fotos: M. Fetthauer

Doch was hat sich verändert, wenn nicht die Nährstoffverfügbarkeit? Hier kommt ein wesentlicher Aspekt von Gewässern zum Tragen, welcher sie von Landlebensräumen maßgeblich unterscheidet. Während wir an einer Wiese sehen, dass weniger Blumen blühen und weniger Insekten durch die Luft schwirren, führen die Bewohner der Gewässer meist ein Leben im Verborgenen. – Aber das ist in der Nister anders. Die Arten und ihre Bestände in der Nister sind aufgrund der herausragenden Bedeutung der Nister in Rheinland-Pfalz (u.a. Lach2000 Gewässer und Großmuschelhabitat) und durch das unermüdliche Engagement der ARGE Nister gut dokumentiert. Anhand der Befischungsdaten aus regelmäßigen Elektrobefischungen durch die Bürogemeinschaft für fisch- und gewässerökologische Studien (BfS Frankfurt), zeigt sich ein Bestandseinbruch großwüchsiger Fische (> 15 cm) im Jahr 1999 auf nur noch ca. 22% der im Vorjahr erfassten Bestände.

Einbruch der Großfischbestände in der Nister 1999, nachdem im Winter 1998/99 erstmals 118 Kormorane ins Sieg/Nister-System eingeflogen sind. Daten: BfS-Frankfurt

Die größten Bestandseinbrüche waren bei den Arten Nase, Barbe und Döbel zu verzeichnen, deren Bestände sich bis heute in der Nister nicht erholen konnten. Der Einbruch der Fischbestände wurde festgestellt, nachdem im Winter 1998/99 erstmalig Einflüge von 118 Kormoranen in das Sieg/Nister-System beobachtet wurden. Diese hocheffizienten Fischjäger haben sich seither im Siegsystem als wiederkehrende Wintergäste und sogar mit kleineren Brutkolonien etabliert, so dass mittlerweile regelmäßig Kormoraneinflüge in hoher Zahl an der Nister beobachtet werden. Daher ist ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Einflug der Kormorane in das Sieg/Nister-System und dem Bestandseinbruch der Fische mehr als wahrscheinlich.

Links: Morgentlicher Kormoraneinflug bei Stein-Wingert. Rechts: Hochrechnung der Kormoraneinflüge in die Nister bei Stein-Wingert im Winter (Jan.-Mrz. + Okt.-Dez.) von 2015 bis 2020. Die Werte basieren auf dem Tagesdurchschnitt (Summe beobachteter Einflüge/Beobachtungstage) und sind auf den Gesamtzeitraum hochgerechnet (Tagesdurchschnitt x 182 Tage). Die Zahl über den Balken ist die Anzahl der Beobachtungstage im Untersuchungszeitraum. Foto und Daten: M. Fetthauer

In den Folgejahren des dokumentierten Bestandseinbruchs der Großfische wurden in der Nister zunehmend Massenentwicklungen benthischer Algen, v.a. im Frühjahr, ebenso wie ein dramatischer Rückgang der Großmuschelpopulationen beobachtet. Um diese zunächst nur zeitlich korrelierenden Beobachtungen in einen kausalen Zusammenhang zu setzen, muss man sich vor Augen führen, dass nicht nur die Umwelt die Lebewesen beeinflussen, sondern auch die Lebewesen ihre Umwelt.

Das wohl offensichtlichste Beispiel für diese wechselseitige Beziehung zwischen Lebewesen und Umwelt ist der Mensch, welcher insbesondere in den gemäßigten Klimaten Europas seit über 2000 Jahren das Landschaftsbild formt und durch Ackerbau, Viehzucht, Entwaldung, Flussbegradigungen oder Stauhaltungen insbesondere Nährstoffkreisläufe, den Wasserkreislauf sowie das (Regional-) Klima beeinflusst. Vergleichbar, aber in viel kleinerem Maßstab, beeinflussen auch die im Gewässer lebenden Organismen ihre Umwelt.

Nase, Barbe und Döbel sind Fische der Äschen- und Barbenregion, welche sich bei der Nahrungssuche ausschließlich (Nase, Barbe) bzw. überwiegend (Döbel) am Gewässergrund aufhalten. Während Nasen sich ausschließlich von benthischen Algen ernähren, sind Barbe und Döbel omnivor (Allesfresser), wobei sich große Exemplare zunehmend von (benthischen) Kleinfischen (piscivor) ernähren. Bei der Nahrungssuche durchstöbern diese omnivoren Arten den Gewässergrund, um Insektenlarven, Krebse, Muscheln oder Fische aufzustöbern, wobei sie die Sedimente aufwirbeln und Steine umdrehen (sog. Bioturbation). Auf diese Weise halten diese drei Fischarten das Gewässerbett frei, ähnlich wie Herden von Schafen oder Kühen in der Landschaftspflege genutzt werden, um Offenlandflächen freizuhalten. Doch ebenso wie Offenlandflächen an Land zuwachsen, wenn die Weidegänger verschwinden, wächst auch das Gewässerbett zu, wenn die aquatischen Weidegänger fehlen.

Fotos des Gewässergrunds der Nister im April 2019 in einem Bereich mit vielen (links) und einem Bereich mit wenigen (rechts) Nasen und Döbeln. Fotos: Manfred Fetthauer und Carola Winkelmann

Aufgrund der Strömung kann der Freiwasserbereich (die sog. fließende Welle) in Bächen und Mittelgebirgsflüssen nur von schwimmstarken Fischarten, aber nicht von Wirbellosen und Plankton (z.B. Algen) dauerhaft bewohnt werden. Daher sind diese Lebewesen auf den Gewässergrund als Lebensraum angewiesen. So wachsen Algen in Biofilmen, dem sogenannten Periphyton, auf der Oberseite der Subatrate (Steine, Kies, Sand, Totholz), während sich Organismen, die nicht auf Licht angewiesen sind, zum Schutz vor Fressfeinden oder der Strömung unter Steine oder in das Kieslückensystem zurückziehen. Dadurch ist das Kieslückensystem des Gewässerbetts (wissenschaftlich: Hyporheisches Interstitial, kurz Hyporheal) die biologisch aktivste Zone des Gewässers. Als dauerhafter Lebensraum von Wirbellosen und vor allem Mikroorganismen ist das Kieslückensystem für den Stoffkreislauf und die Selbstreinigungskraft des Gewässers von zentraler Bedeutung. Doch auch für kieslaichende Fische, wie Nasen, Äschen, Barben, Lachse, Forellen uvm., welche die meiste Zeit ihres Lebens im Freiwasser verbringen, ist ein sauberes gut belüftetes Kieslückensystem für den Arterhalt entscheidend, denn das Kieslückensystem ist „Brutplatz“ und die früheste Kinderstube (Dottersackstadium) dieser Arten.

Schematische Darstellung des hyporheischen Interstitials, kurz Hyporheal. Die wichtigsten Funktionen des Hyporheals sind der Austausch zwischen Grund- und Flusswasser, der biochemische Ab- und Umbau von Nähr- und org. Schadstoffen (Selbstreinigung des Gewässers) sowie die Bereitstellung eines Lebensraums für Kleinstlebewesen und juvenile Stadien von Fischen und Großmuscheln.

Die Funktionsfähigkeit des Kieslückensystems ist hochgradig vom kontinuierlichen Austausch mit der fließenden Welle abhängig. Durch verschiedene Mechanismen (Sedimentation, Diffusion, Bioturbation, u.a.) werden partikuläre Stoffe (feine Sedimente und abgestorbenes organisches Material), aber auch gelöste Stoff (Nährstoffe, z.B. Stickstoff- und Phosphorverbindungen, und Gase wie Sauerstoff und Kohlendioxid) in das Kieslückensystem eingetragen bzw. in die fließende Welle abgegeben. Fehlen nun die wichtigen Weidegänger im System, so wird das Kieslückensystem durch eine dicke Algenschicht von der fließenden Welle getrennt und der Austausch wird unterbunden.

Die Algenmassenentwicklungen haben also einen erheblichen Einfluss auf die Lebensbedingungen im Fließgewässer; nicht nur im Kieslückensystem sondern auch in der fließenden Welle. In der Wachstumsphase einer solchen Algenblüte ist an sonnigen Tagen die Photosyntheseleistung der Algen so hoch, dass Sauerstoff schneller produziert wird als im Austausch mit der Luft abgegeben werden kann. Dies führt zu sehr hohen Sauerstoffkonzentrationen und einer Sauerstoffübersättigung von bis über 200%. Durch die hohe Sauerstoffkonzentration können Sauerstoffradikale entstehen, welche das empfindliche Kiemengewebe der Wasserorganismen (z.B. Fische) angreifen und irreparabel schädigen können. Nachts, wenn auch die Algen auf Grund der Dunkelheit atmen, also selbst Sauerstoff verbrauchen, kommt es dann zu einer starken Sauerstoffzehrung bis hin zu hypoxischen oder sogar anoxischen Bedingungen (wenig bis kein Sauerstoff). Vielen Gewässerorganismen droht unter solchen Sauerstoffmangelbedingungen der Erstickungstod. Die Photosynthese der Algen hat aber nicht nur Auswirkungen auf den Sauerstoffgehalt des Wassers, sondern auch auf dessen pH-Wert. Bei der Photosynthese nimmt die Alge Kohlendioxid auf und setzt Hydroxidionen (OH-) frei, wodurch der pH-Wert an sonnigen Tagen auf ≥ pH 9,5 steigen kann. Oberhalb von pH 8 verschiebt sich das Verhältnis von Ammonium (NH4+) zum toxischen Ammoniak (NH3). Bei den in nährstoffreichen Gewässern häufig anzutreffenden hohen Ammoniumgehalten kann diese Verschiebung zu einem Massensterben von Fischen und anderen Gewässerorganismen führen. Über Nacht wird der Hydroxidionen-Überschuss wieder ausgeglichen und der pH normalisiert sich. Dadurch treten während einer Algenblüte an sonnigen Tagen im Tagesgang massive Schwankungen von Sauerstoffkonzentration und pH-Wert auf.

Tageszeitliche Schwankungen von Sauerstoffsättigung (links) und pH (rechts) in der Nister bei Stein-Wingert im Frühjahr 2016. Daten: M. Gerke, Universität Koblenz-Landau.

Auch mit dem Absterben der Algen ist der schädliche Einfluss der Algenblüte auf das Gewässer nicht beendet, das Problem wird lediglich verlagert. Das abgestorbene Algenmaterial wir in die Lücken und Spalten des Kieslückensystems eingetragen, wo es die Porengänge verstopft, welche normalerweise Oberflächenwasser, Interstitialwasser und Grundwasser verbinden (biogene Kolmation). Unter Verbrauch von Sauerstoff wird nun das tote Algenmaterial im Kieslückensystem durch Mikroorganismen abgebaut. Je stärker die Poren verstopft sind, desto weniger sauerstoffreiches Oberflächenwasser kann in das Kieslückensystem eindringen, so dass es zu einer Sauerstoffzehrung bis hin zu hypoxischen und sogar anoxischen Bedingungen kommt. Unter diesen Bedingungen kann das Kieslückensystem seine wichtigen Ökosystemdienstleistungen ‚Selbstreinigung‘ und ‚Lebensraum‘ nicht mehr erfüllen. Durch diese Wechselwirkungen zwischen Gewässerbewohnern und Umweltbedingungen führt der Verlust der bestandsbildenden Arten Nase, Döbel und Barbe zu einer Verschlechterung der Lebensbedingungen im gesamten Fließgewässer und damit zu einem Verlust weiterer Arten. So ist der Bestand der Bachmuschel in der Nister von ca. 20.000 Tieren innerhalb von 14 Jahren um 90 % zurückgegangen. Aber auch einer Erholung der Bestände von Nase, Barbe und Döbel wirkt diese Entwicklung entgegen, da ein Großteil der empfindlichen Ei- und Larvenstadien die veränderten Bedingungen im Interstitial, v.a. den akuten Sauerstoffmangel, nicht überlebt. Die Nister befindet sich also in einer Abwärtsspirale, welche es zu durchbrechen gilt.

Die Abwärtsspirale zu durchbrechen wird allerdings durch den voranschreitenden Klimawandel zunehmend erschwert. Dieser hat in den vergangenen Jahren zu ungewöhnlich langandauernden Niedrigwasserphasen im Sommer geführt und auch die Winterhochwässer 18/19 und 19/20 fielen eher unterdurchschnittlich aus. Lange Niedrigwasserphasen sind problematisch, da sich das Wasser bei Niedrigwasser schneller und stärker aufwärmt und es dadurch auch weniger Sauerstoff aufnehmen kann, so dass über einen längeren Zeitraum hohe Temperaturen bei einer geringen Sauerstoffverfügbarkeit herrschen. Derartige Zustände können von den meisten Gewässerorganismen über kürzere Phasen toleriert werden, jedoch nicht über einen längeren Zeitraum hinweg. Darüber hinaus sedimentieren auch leichte, kleine Partikel relativ schnell ab, da die Strömung vergleichsweise gleichförmig (laminar) ist, also wenig Turbulenzen aufweist, und der Wasserstand niedrig ist. Dies führt zu einer zunehmenden Verstopfung (Kolmation) des Kieslückensystems, welches den Austausch zwischen fließender Welle und Kieslückensystem weiter einschränkt/unterbindet. Zusammen mit den schnelleren Abbauprozessen im Kieslückensystem durch die höheren Wassertemperaturen verschärft sich die oben beschriebene Problematik noch weiter. Wenn nun auch die Winterhochwässer nur unterdurchschnittliche Abflüsse verursachen, wird weniger Sediment verlagert und das Kieslückensystem nur sehr oberflächlich freigespült, wodurch die Ausgangsbedingungen im Kieslückensystem im Folgejahr noch schlechter ausfallen.

Im Jahr 1998 filtrierten und reinigten noch große Bestände von Bachmuscheln, mit einer Filtrationsleistung von 3-5 Litern pro Stunde je Individuum, ca. 1,92 Mio. Liter Nisterwasser pro Tag und große Fische (v.a. Nasen) sowie Wirbellose Weidegänger (v.a. Schnecken und Insektenlarven) hielten den Algenrasen kurz. Heute fehlen die großen Bestände dieser Tiere und die Nister droht in Algen und Schwebstoffen buchstäblich zu ersticken.

Nister-Bachmuscheln auf Sediment. Foto: D. Mewes

Zwar können wir an der Nister den Klimawandel nicht aufhalten, aber mit einer ganzheitlichen Strategie können wir die Abwärtsspirale der Nister durchbrechen und die Artenvielfalt aber auch die Ökosystemdienstleistungen in der Nister erhalten. Um das zu erreichen, muss eine solche Strategie sowohl Maßnahmen zur strukturellen Lebensraumverbesserung (Renaturierung), als auch Maßnahmen zum Schutz der Gewässerorganismen, wie beispielsweise Nachzucht und Besatz von Nasen und Bachmuscheln sowie die Vergrämung des Kormorans, beinhalten.

Mit breiter Unterstützung der Bevölkerung und der Politik ist es gelungen zwei Großprojekte ins Leben zu rufen, welche zusammengenommen diesen ganzheitlichen Ansatz verfolgen. Das ist zum einen das E+E-Vorhaben „Integrativer Artenschutz aquatischer Verantwortungsarten an der Nister“ (INTASAQUA) und zum anderen das Projekt „Biomanipulation in Mittelgebirgsflüssen“ (BIOEFFEKT I und II, Laufzeit: 1/2015-11/2018 bzw. 01/2019-12/2022). INTASAQUA untergliedert sich in Hauptprojekt (Laufzeit: 10/2019 – 09/2022) und Begleitforschung (Laufzeit: 01/2020-12/2023), wobei das Hauptprojekt durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit einem Anteil von 66 % mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) gefördert wird. 23,6 % der Kosten trägt das Land Rheinland-Pfalz (MUEEF). Den restlichen Anteil von 10,4 % teilen sich der Landkreis Altenkirchen, der Westerwaldkreis, die Verbandsgemeinden Altenkirchen-Flammersfeld, Betzdorf-Gebhardshain, Hachenburg, Hamm und Wissen. Die Trägerschaft obliegt dem Landkreis Altenkirchen in Zusammenarbeit mit dem Westerwaldkreis. Die Begleitforschung von INTASAQUA wird vollständig durch das BfN mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) finanziert und in einer Kooperation zwischen der Universität Koblenz-Landau, der Technischen Universität München (TUM) und der ARGE Nister durchgeführt. Die Projekte BIOEFFEKT I und II wurden/werden durch das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung gefördert (Förderkennzeichen 2813BM010 und 2818BM084) und von der Universität Koblenz-Landau in Kooperation mit der ARGE Nister, der Bürogemeinschaft für Fisch- und gewässerökologische Studien (Büros Marburg und Frankfurt) und der Dänischen Technischen Universität umgesetzt.

Autor: Daniela Mewes

Von „schützwürdig“ zu „invasiv“

Beitragsbild: Ende März 2018 in Stein-Wingert, fotografiert von Manfred Fetthauer

Die EU und der Chinesische Kormoran P.C. sinensis; von besonders schutzwürdig zu einer invasiven, gebietsfremden Tierart die der Union sorgen bereitet.

Niemandem der nur etwas Interesse an Natur hat oder funktionierende Sinne wie Sehen, Riechen und Hören besitzt, kann die offensichtlich Zunahme eines Bewohner von Europas Küsten, Seen und Wasserläufen entgangen sein. Von Cabo de Sao Vicente im Südwesten und Lesbos im Südosten bis zum Bottnischen Meerbusen im Norden ist der Chinesische Kormoran Phalacrocorax carbo sinensis (sinensis) immer häufiger gesehen und ist in vielen Gebieten bereits der dominierende Wasservogel. Von wenigen tausend Individuen in 1979 ist die Anzahl mittlerweile heute auf mehrere Millionen Tiere angewachsen.

Wenn es nach den Vogelschutzorganisationen und Behörden geht, ist dies ein beachtlicher Erfolg des Europäischen Vogelschutz und der EU Vogelschutz Richtlinie (79/409/EEC) das sinensis „wieder zurück gekehrt ist nach einer langer Zeit der Verfolgung“.

Wie viele andere die nicht umhin kamen die verheerenden Auswirkungen von sinensis auf die lokale Fischfauna, die abgestorbenen Bäume auf den übel riechenden Nistplätzen und den Ruheplätzen, war ich doch sehr erstaunt über dieses „Rückkehr“ da es überhaupt keine Aufzeichnungen über frühere Nistplätze. In meinem Heimtagebiet, dem Stockholmer Schärengarten, wurden die ersten Nistplätze 1994 dokumentiert. Heute gibt es ungefähr 20 Kolonien mit ungefähr 50.000 Individuen. Erst im August 2002 fiel mir auf „das die eigentlich noch nie hier gewesen waren!“ Dies war der Anfang meiner Versuche, dieses Durcheinander von widersprüchlichen Informationen und Aussagen, die die extrem verwirrenden und aufgeheizten Kormoran Diskussionen in Europa seit ca. 400 Jahren begleiten, zu beseitigen.

In 2008 schrieb ich das Essay „Der Chinesische Kormoran Phalacrocorax carbo sinensis (Blumenbach 1798) ein nicht heimischer Vogel“, in dem ich die Informationen die ich gesammelt hatte zusammen mit einer Übersicht der geschichtlichen Entwicklung und einige Vorschläge für Maßnahmen.

Ich hatte gehofft, dass dieser Bericht mehr Leute motivieren würde sich über die europäische Geschichte von sinensis im Klaren zu werden. Auf mein Essay wurde zuerst mit „ohrenbetäubender Stille“, gefolgt von einer Reihe von kritischen Artikeln von aufgeheizten Vogelschutzaktivisten in Vogel Magazinen und Zeitschriften, reagiert. Beispiele waren, Engström/Wirdheim, Vår Fågelvärld, 2009; Kinzelbach, Der Falke Sonderheft, 2010; Bieke, Die Vogelwelt, 2012; Bieke, Herrmann, Kinzelbach & de Rijk, Die Vogelwelt, 2013; Bieke, Ornis Fennica, 2014; Blomqvist, Österbottens Tidning, 2016; and Philström/Fritzén, OA-Natur, 2017

Zweifellos kann und wird diese Liste noch länger werden. Ich wurde entweder direkt mit Namen erwähnt oder nur indirekt durch meine Schlussfolgerung „dass der Kormoran eine aus China eingeschleppte invasive Art und als solche zu bekämpfen sei” (Beike et al., 2013), welche in Verbindung mit dem Schaden an der Fisch Fauna das Kernthema der Europäischen Kormoran Debatte ist. Nachdem ich die Artikel sorgfältig gelesen und die Referenzen geprüft hatte kommentiere ich diese auf verschiedenste Arten.

Meine Meinung ist und bleibt die das sinensis ein in Europa nicht heimischer Vogel ist. Genauso wenig ergaben meine weiteren Studien irgendeinen wissenschaftlichen Beweis, für vor-mittelalterlichen Brutnachweise von sinensis in Europa.

Es ist durchaus sinnvoll einige der Aussagen in den Artikeln zu kommentieren. Alle Aussagen haben die Unfähigkeit gemeinsam das sie nicht zwischen sinensis und dem natürlich vorkommenden Europäischen Großen Kormoran Phalacrocorax carbo carbo (carbo) unterscheiden. Zum Beispiel wird behauptet, dass subfossile Funde von P.carbo und ältere Informationen von „Vögel die in Kolonien in Bäumen brüten“ und „mehr als 100km von der Küste entfernt brüten“ sinensis sein müssten, da ja der Europäische große Kormoran (carbo) ein „Seevogel der an den Steilküsten an der Küste brütet“, wäre.

Das ist schlichtweg unwissenschaftlicher Unfug! Carbo ist kein „Meeresvogel“ und er zieht es vor, genau wie sinensis, in Bäumen zu nisten benötigt aber vor allem andern Gewässer die reich an Fischen sind und zwar unabhängig vom Salzgehalt des Gewässers.

Nach der letzten Eiszeit war carbo über große Teile Europas verbreitet, brütet aber heute hauptsächlich an unzugänglichen Küstenabschnitten von Frankreich, Großbritanien und Island. Mit ein Hauptgrund dafür war, das die Jungvögel schon seit der Steinzeit, ein wichtiger Bestandteil als Nahrungsquelle für den Menschen waren und deshalb auch eine der häufigsten gefundenen Vogelarten bei Archäologischen Ausgrabungen waren.

Unabhängig davon wo aus in Europa man sich das historische Vorkommen von sinensis anschaut endet die Spur im mittelalterlichen Holland. Zeitgleich mit dem Beginn des „Goldenen Zeitalters“ und dem sich rapide ausdehnenden Welthandel mit exotischen Pflanzen und Tieren.

Schon als im frühen 1600 Jahrhundert sich die ersten frei lebenden sinensis Kolonien in den Gewässern bei Rotterdam etablierten, beobachten die lokalen Fischer schnell die negativen Auswirkungen und leiteten Gegenmaßnahmen ein, unter dem Protest der Vogelschutz Aktivisten zu dieser Zeit. Seit dem frühen 1600 Jahrhundert bis Mitte des 1700 Jahrhunderts gibt es lediglich Aufzeichnungen von frei lebenden Kolonien in Holland und angrenzenden Ländern. Die erste größere Ausbreitungswelle erfolgt in den frühen 1800 über Deutschland und Dänemark nach Scania und Blekinge im südlichen Schweden.

Die meisten dieser Kolonien wurden dann so gründlich ausgerottet, so dass die Verbreitung in den 1900ern nur noch auf Holland und ein paar Vorkommen in Deutschland und Polen reduziert war und von den frühen 1970ern an wurde sinensis zugleich als „verfolgt und bedroht“ eingestuft.

Einige der führenden Ornithologen, der frühen 1990er Jahre, waren durch das plötzliche Erscheinen von einer erheblich kleineren Art des Kormoran als der wohlbekannte Europäische Große Kormoran (carbo), irritiert. Für J.A. and J.F. Naumann (1842) was es ein „Mysterium“; und auch C.L. Brehm (1824) konnte ebenfalls die Taxonomie nicht vollständig klären und ordnete die Art aber als Carbo nahe, ein und gab ihr den Unterart Beinamen „subcormoranus“.

Ein ähnlicher Ansatz wurde von S. Nilsson (1835) verfolgt, der ihm den Beinamen “medius” gab. Fast ein Jahrhundert später führten andere führende Ornithologen, wie z.b. E. Lönnberg (1915) and E. Hartert (1916), weiterführende taxonomische Untersuchungen zu den Unterschieden zwischen carbo und sinensis (subcormoranus/medius) durch und stellten fest das die Unterschiede signifikant waren aber dem damaligen Zeitgeist entsprechend, ordneten sie sinensis einer Unterart des Großen Kormoran (P.carbo) zu.

Die Taxonomie und Nomenklatur von sinensis bedarf einer gründlichen Überarbeitung und carbo und sinensis werden mit hoher Wahrscheinlichkeit, wie S. Nilsson (1858) schrieb, “beweisen das es 2 verschiedene Arten“ sind; eine Meinung die viele andere wie z.b. Alström (1985) und Kinzelbach (2010) auch vertreten.

Obwohl man sagen muss, dass der Unterart Beinamen sinensis gut gewählt scheint, da die ersten wissenschaftlichen Beschreibungen von Mlikovsky (2011) Staunton (1796) zugeschrieben und der Typen Fundort im November 1793 für “Pelecanus sinensis dem Weishan See in der Provinz Shandong in China (c.35°00’N, 116°50’E) werden.

Selbstverständlich ist der wissenschaftliche Name oder der Typen Fundort kein Beweis dafür das sinensis aus China stammt, aber die korrekt Bezeichnung sollte in der Tat entsprechend der volkstümlichen Bezeichnung, Chinesischer Kormoran lauten.

Die ersten Berichte über sinensis in Europa fallen zufällig mit dem am Anfang des 1600 Jahrhunderts schnell florierenden und genauso schnell wieder vergehendem Interesse am Fischen mit abgerichteten Kormoranen am englischen und Französischen Hof zusammen.

Die Holländer waren lange Europas führende Falkner und lieferten gegen enorme Summen, ausgebildete Jagdvögel unterschiedlicher Arten an die Aristokratie.

Die Chinesische Methode der Kormoranfischerei, war im gebildeten Europa, schon lange wohl bekannt. Der Vater der Europäischen Ornithologie, „Der Universalgelehrte” Conrad Gesner, schrieb in der „Historia Animalium Aves” (1555) des französischen Mönchs Odoric von Pordenone, das dieser während seiner Reise nach China im 1300 Jahrhundert mit eigenen Augen die Kormoranfischerei mit trainierten Kormoranen gesehen hatte.

Für viele hundert Jahre war dieses Buch ein ornithologisches Standardwerk und wurde von vielen anderen Autoren zitiert oder kopiert. Sogar Linnaies, wie viele andere auch, beschreibt diese Methode in “De usu avium” (1765), und sorgte damit für weitere aufregende Kapitel bei den geschichtlichen Erzählungen über sinensis.

Das die Vogelschutz Aktivisten, geblendet durch ihre Liebe zu den Vögeln, von je her immer sinensis fanatisch gegen Angler und anderen Betroffenen verteidigt haben ist nicht gut, aber letztendlich, auch nicht überraschend. Schlecht ist allerdings, das BirdLife Europe und seine Organisationen mit vielen kompetenten Ornithologen, aktiv, sinensis geschützt haben ohne überhaupt über dessen Europäische Geschichte nachzudenken.

Am allerschlimmsten ist aber, wie schlecht die Europäische Kommission und die nationalen Naturschutz Organisationen, mit dem Problem umgehen. Letztendlich sind sie ja verantwortlich für den durch sinensis angerichteten und aufgelaufenen Schaden von mehreren Milliarden Euro; primär durch Schäden an der Biodiversität und Fisch Fauna und sekundär durch die Schäden für die Fischerei und anderer Beeinträchtigungen von für den ländlichen Raum relevanten Aktivitäten.

Der Schaden ist mittlerweile so beträchtlich und offensichtlich, so das nun sogar die Fischereiforschung dies in größerem Ausmaß beziffern kann, zum Beispiel Jepsen et al. (2014) und Ovegård (2017). Es ist richtig, dass bei Einführung der Vogelschutz Richtlinie in 1979, sinensis als gefährdet galt, die gesamte Population in West Europa bestand aus ein paar tausend Vögeln in einigen Kolonien.

Das Taxon “5. Phalacrocorax carbo sinensis Cormorant (Kontinentale Rasse)” mit in den Annex 1 “von Wildvögeln die heimisch innerhalb der Mitgliedsstaaten im Europäischen Territorium vorkommen“ aufzunehmen die spezielle Schutzmaßnahmen erfordern kann man durchaus als eine vernünftige Entscheidung ansehen.

Das Problem ist aber, dass es nicht einen einzigen wissenschaftlichen Beweis für die Aussage der Kommission gibt, das sinensis, natürlich, in den EU Mitgliedsstaaten, vorkommt!

Als Ergebnis der Vogelschutzrichtlinie und der EU Erweiterung hat sich die Anzahl der sinensis in weniger als 20 Jahren auf mehrere hundert tausend Vögel erhöht, was dann dazu führte das „die Europäische Kommission entschieden hat den Europäischen Großen Kormoran (Phalacrocorax carbo sinensis) aus Annex I der Wild Vogelschutz Richtlinie (IP/97/718) zu entfernen“.

Dies war eine Entscheidung von geringfügiger Bedeutung und trotz der Möglichkeit von sogenannten Ausnahmeregelungen blieb der Schutz von sinensis so stark, dass keine sinnvollen Aktivitäten im Rahmen der EU Richtlinie möglich waren. Innerhalb des Dokumentes verwendet die Kommission nicht mehr das korrekte Taxon P.c.sinensis sondern vielmehr die allgemeinere Bezeichnung „großer Kormoran“ oder einfach nur „der Kormoran“. Dies ist eine gezielte Desinformation und eine fortgesetzten Verweigerung der Tatsache das es sinensis und nicht carbo ist der sich, als ein direktes Ergebnis der Inkompetenz und der Fehler der Kommission, von einer lediglich fremden Art in 1979 zu einer invasiven Art in 1997 bis hin zu einem richtigen Problem für die Union in 2017 entwickelt hat.

Die Millionen von sinensis die man heute in Europa vorfindet vermehren sich unvermindert und verbreiten sich weiter in neuen, geeigneten Lebensräumen innerhalb der EU und in den benachbarten Ländern. Immer mehr Kolonien entstehen in der Schweiz, Norwegen und den östlichen Ländern und jeden Herbst gibt es in Nord Afrika von Marocco bis nach Agypten und auch in Israel eine Invasion aus Horden von überwinternden sinesis.

Anstelle wissenschaftlicher Analysen zur Ursache des wachsenden Schadens durch sinensis an der Umwelt Europas zu verstehen, finanziert die Kommission Desinformation Projekte um ein wissenschaftliches Problem in einen „Konflikt zwischen Kormoranen, Anglern und der Fischerei“ zu verwandeln. REDCAFE 2003 und INTERCAFE 2004/8-12 und das neueste das 2011 auf der EU Kormoran Plattform erschienene „CorMan“ Projekt (Nachhaltiges Management von Kormoranpopulationen), (englisch “theCORMAN project” Sustainable Management of Cormorant Populations) sind alles Beispiele für die Verleugnung von gravierenden Tatsachen und des mangelhaften Urteilsvermögen der Kommission.

Diese Projekte haben ungebrochenen Erfolg gehabt die sinensis Kern Themen zu vermeiden und andauernd alle berechtigten Einwände abzuweisen. Sie behaupten, dass es nicht möglich wäre irgendwelche größeren Schäden zu beweisen und das die Anzahl abnehmen wird – was ebenfalls einige Medien kritiklos seit 1979 berichten.

Trotz allem darf dieses umweltpolitische Fiasko nicht mehr so weiter gehen und noch schlimmer werden. Zumindest ist jetzt sogar die Kommission aufgewacht und hat den Schaden, der durch nicht heimische Arten an der Europäischen Umwelt verursacht wird, erkannt und hat zumindest formal die Voraussetzungen für umfassende Maßnahmen geschaffen.

Die EU Verordnung 1143/2014 des Europäischen Parlamentes über die Prävention und das Management der Einschleppung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten liefert die rechtliche Grundlage für die Verhütung bzw. Verminderung und Verhinderung der negativen Effekte von invasiven gebietsfremden Arten und ermöglicht das gemeinsame bekämpfen bestimmter Arten von denen man weiß das diese eine große Gefahr für die Biodiversität der Europäischen Gemeinschaft darstellen.

Auf der Liste der invasiven gebietsfremden Arten die die Kommission als Grund zur Besorgnis sieht und die sie 2016 veröffentlichte sind schon 3 Vögel aufgeführt. Die Glanzkrähe (Corvus splendens), die Schwarzkopfruderente (Oxyura jamaicensis) und der heilige Afrikanische Ibis (Threskiornis aethiopicus).

Es ist den Naturschutzbehörden der Mitgliedsstaaten vorbehalten weitere Arten vorzuschlagen und es ist sehr wahrscheinlich das die Nilgans (Alopochen aegyptiaca) 2017 auch mit in die Liste aufgenommen wird.

Es ist daher vollkommen selbstverständlich, dass P.C. sinensis ebenfalls eine transparente und unabhängige wissenschaftliche Bewertung auf Basis der gleichen Kriterien durch das Wissenschaftliche Forum zu invasiven gebietsfremden Arten (E03276) erhalten sollte. Der Schaden den sinensis der Natur und der Umwelt in Europa bereits zugefügt hat ist wesentlich größer als der Schaden den die anderen 4 Vögel auf der Liste, zusammen, verursacht haben! Dass die Kommission aber 5die Initiative für so eine Bewertung ergreift ist höchst unwahrscheinlich.

Selbstverständlich haben aber alle EU Bürger das Recht zu verlangen das dieses Thema von den zuständigen Behörden in den jeweiligen Mitgliedsländern untersucht wir. In Schweden ist das die Schwedische Umweltschutzbehörde. Schweden hat eine ganz besondere Verantwortung da in Schweden die größte Zahl nistender Sinensis in ganz Europa und vielleicht sogar in der ganzen Welt vorkommen.

Die Tatsache das der Phalacrocorax carbo sinensis einen gigantischen negativen Einfluss auf die Europäische Biodiversität und die Wirtschaft hat erfüllt ohne jeden Zweifel und in jedem Falle die Kriterien für eine sofortige Aufnahme auf die Liste der invasiven gebietsfremden Arten die die Kommission als Grund zur Besorgnis sieht. Hier ist große Dringlichkeit geboten!

Der Schaden an der Europäischen Umwelt und die Kosten für die betroffenen Industrien werden Tag für Tag in unverminderter Geschwindigkeit weiter ansteigen. Früher oder später müssen die Kosten die aus den Versäumnissen der Kommission entstanden sind bezahlt werden – und diese Rechnung wird natürlich, wie immer, den EU Bürgern präsentiert.

Stavsudda, Schweden, 31 März 2017

Christer Olburs

Übersetzung ins Deutsche am 26.03.2018 Rainer Lemmer

Fachartikel zu Kormoran

In dem Artikel „WRRL-Qualitätsindikator Fischfauna und Kormoranfraßdruck – wenn trophische Störung Strukturgüte schlägt“ in der Zeitschrift „Korrespondenz Wasserwirtschaft“ (Ausgabe 12/2015) der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft macht Manfred Fetthauer zusammen mit den Biologen Lothar Jörgensen (Obere Fischereibehörde), Florian Krau (Institut für Seefischerei, Hamburg) und Jörg Schneider (BFS-Frankfurt) auf den Fraßdruck aufmerksam, den der Kormoran auf Fließgewässer wie Nister und Ahr ausübt.

Freundlicherweise gestattet uns die DWA die Veröffentlichung des Artikels auf unserer Website. Vielen Dank dafür an Stefan Bröker.

Kormoranproblematik in der Siegener Zeitung

Einen interessanten Vortragsabend hatten die interessierten Zuhörer auf Einladung der BUND-Kreisgruppe Altenkirchen im vollbesetzten Konferenzraum der Kläranlage in der Muhlau erlebt: Hier referierte unser erster Vorsitzender, Manfred Fetthauer, über die Nister und ihre Entwicklung. Redakteur Andreas Goebel von der Siegener Zeitung nahm sich besonders der Kormoranproblematik an und verfasste  dazu eine ganze Seite in der Siegener Zeitung.

Sie kann hier als PDF heruntergeladen werden. Dafür vielen dafür Dank an Dr. Andreas Goebel!

Kormoraneinflüge

Von solchen Kormoran-Schwärmen werden die letzten Fischbestände in der Nister seit Oktober 2012 fast täglich attackiert.
Kormoran-01Zwischenzeitlich wurden Verbrämungsmaßnahmen eingeleitet, die jedoch keinen Erfolg zeigten. Die Vögel realisierten, dass sich mit den Störgeräuschen keine Gefahr verband, und setzten ihr vorheriges Jagdverhalten fort. Seither wird der Bestand innerhalb der gesetzlichen Vorgaben mit einer Sondergenehmigung dezimiert.


Kormoran-07Diese Statistik zeigt die Kormoraneinflüge von Oktober 2012 bis Januar 2013 an der Nister. Manfred Fetthauer führt sorgfältig Buch über die Anzahl der täglich einfliegenden Kormorane und dokumentiert das mit Fotos. Da Naturschutzverbände den Kormoran zum Vogel des Jahres 2010 erklärten, ist die Bereitschaft, gegen den Neozoon vorzugehen, landesweit sehr gering. Doch die ARGE Nister kann mit Zahlen und wissenschaftlichen Ergebnissen belegen, dass Kormorane das Ökosystem Mittelgebirgsfluss massiv aus dem Gleichgewicht bringen kann.

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Foto: Kormoraneinflug im Januar 2015

Elektro-Kontrollbefischungen zeigen seit einigen Jahren, dass der Fischbestand in ortsfernen und damit ungestörten Gewässerabschnitten der Großfischbestand quasi auf Null gesunken ist. Dabei ist auch zu beobachten, dass Kormorane durchaus in der Lage sind, Fisch von mehr als 40 Zentimetern zu erjagen, zu fressen und zu verdauen.

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Foto: Kormoran mit Großfisch

In diesen Gewässerabschnitten  explodiert das Algenwachstum, der Sauerstoffgehalt sinkt, der pH-Wert steigt, die Kiesbänke verschlammen zusehends und sukzessive stirbt das Leben im Fluss.
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Ermutigend ist, dass sich der Fischbestand in Ort- und Siedlungslagen bei kontinuierlicher Vertreibung der Kormorane innerhalb weniger Jahre deutlich erholt.
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Aktuelle Gefährdung eines Ökosystems – Einfluss des Kormorans

Die Nister ist mit 23 zum Teil vom Aussterben bedrohten und in der FFH-Richtlinie aufgeführten Fischarten, sowie Bach- und Flussperlmuschelbeständen, ein Juwel unter den Gewässern der Mittelgebirge. Typische Vertreter der lokalen Fischfauna sind neben Äsche, Lachs und Forelle auch Barbe, Döbel, Hasel, Rotauge und Nase. Der Lachs als Zielart des Programmes „Lachs 2020“ kehrt schon seit 1998 jährlich zurück und reproduziert seit mindestens 12 Jahren erfolgreich.

Durch ihre Strukturgüte und Vielfalt an Lebensräumen verfügte die Nister seit jeher über außerordentliche starke Nasen- und auch Barbenbestände, die sich bis hinauf in die untere Forellenregion erstreckten. In den 1990er Jahren belegten Kontrollbefischungen auf 23 km Bachlänge ca. 30.000 Nasen und 10.000 Barben. Selbst in Jahren mit größter Verschmutzung (Nährstoffbelastung und daraus resultierendes Algenwachstum) trug die Nase als Algenfresser dazu bei, das ökologische Gleichgewicht zu erhalten. Doch die individuenstarken Bestände sind verschwunden.

Der Zusammenbruch der Nasenbestände begann im Winter 1997/1998 mit dem Auftreten der ersten Kormorane – einem bis dahin in den Mittelgebirgen unbekannten, weil gebietsfremden, Vogel. Der Kormoran traf auf ein unvorbereitetes Ökosystem. Dutzende Vögel nahmen an hocheffizienten „Treibjagden“ in den Winterstandorten von Cypriniden-Schwärmen (Karpfenartige: Nase, Barbe, Rotauge, Döbel, etc.) teil. Die Zahl der Kormorane steigerte sich von anfangs ca. 80 auf 140-150 Vögel im Jahre 2002. Alle Schlafplätze befanden sich innerhalb eines Radius von 30 km von der Nister entfernt, die dementsprechend mehrmals pro Tag angeflogen wurde.

In Abstimmung mit Behörden und Verbänden wurden zunächst als Pilotprojekte nicht-letale und anschließend letale Vergrämungen mit jeweils begleitendem Monitoring beschlossen, die allerdings zunächst keinen Erfolg brachten. In späteren Jahren konnte die Anzahl der Kormorane im Winterhalbjahr auf 50-60, in 2009 auf ca. 30 Tiere (10 im Sommer) gesenkt werden. Aus den Pilotprojekten ist die heutige Kormoranverordnung des Landes Rheinland-Pfalz entstanden. Doch diese Maßnahmen kamen zu spät für die Fischbestände der Nister.

Die Bestandsrückgänge, festgestellt durch Elektrobefischungen, fanden in bisher ungeahnten Dimensionen statt. Mittlerweile ist die Äsche verschwunden, die Bestände von Barbe und Nase betragen maximal noch 5% der Bestandgröße Mitte der 1990er Jahre. Im Gegenzug haben sich Kleinfischbestände, wie Groppe, Schmerle und Elritze, mehr als verzehnfacht. Diese nach Meinung von Wissenschaftlern dramatischen Veränderungen stehen in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Auftreten des Kormorans.

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Foto: Die Nase weidet mit ihrem hornigen Maul und der scharfen Unterlippe effektive Auwuchsalgen ab.

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Foto: Blick von der Nister-Brücke in Stein-Wingert auf die Nister. Algen wuchern über die gesamte Gewässerbreite

Nahezu gleichzeitig tritt seit knapp zehn Jahren alljährlich ein in diesem Maße ebenfalls unbekanntes Phänomen auf: eine zunehmende Massenentwicklung von Algen und damit verbunden pH-Werte von teils über pH 9,9 im Frühjahr und Sommer. Durch massenhaftes Absterben nach der Algenblüte entsteht organischer Schlamm, dessen Abbau massiv Sauerstoff zehrt. Das Kieslückensystem, das für viele Arten für die Reproduktion (Lachs, Nase, Barbe, Flussperlmuschel) aber auch für die Selbstreinigungskraft des Gewässers (Mikro- und Makrozoobenthos) von höchster Bedeutung ist, verschlammt. Teils bedecken Schlammmassen von über 1cm Dicke fast den gesamten Bodengrund.

Die Bestandsexplosion der Kleinfische scheint auf den drastischen Rückgang von Fressfeinden, vor allem der Barbe (aber auch Döbel, Aal), zurückzuführen sein. Die Groppe wiederum könnte in hohen Dichten als effektiver Laichräuber und Fressfeind juveniler Fische in Betracht kommen, was Bestandsrückgänge bei empfindlichen Arten (bspw. Lachs) zur Folge hätte. Für das massive Algenwachstum scheint vor allem das Verschwinden von Konsumenten in Frage zu kommen, da die übrigen Belastungsquellen nach bisherigen Kenntnissen nicht zugenommen haben. Wichtigster Konsument der Algen ist (neben Makrozoobenthosorganismen) die Nase.

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Foto: Nasenfraßspur auf algenüberwachsenem Untergrund

Die Nase weidet als Nahrungsspezialist mit ihrem harten Unterkiefer und der scharfen Unterlippe Aufwuchsalgen ab. Schwarmweise werden verschiedene Weideplätze aufgesucht und so der Untergrund von übermäßigem Algenbewuchs freigehalten. Die Nase nimmt eine Schlüsselfunktion ein, da übermäßiges Algenwachstum Ursache für starke pH-Schwankungen (in den alkalischen Bereich) und Sauerstoffschwankungen sind. Die 30.000 Nasen der Nister konsumierten dabei, eher unterschätzt, ca. 270 Tonnen Algen im Jahr. Umgekehrt heißt dies, dass bei einem Bestandsrückgang von 80% (Stand 2004) ca. 216 Tonnen Algen pro Jahr nicht mehr abgeweidet werden. Dieser Wert bezieht sich auf den dünnen Algenrasen, bevor dieser auswächst, seine Biomasse also nochmals vervielfacht. Arten wie die Barbe, die durch Stöbern im Substrat und Umlagern von Steinen zum Absterben der Algen beitragen, und Makrozoobenthosorganismen sind in dieser Rechnung noch nicht berücksichtigt.

Am Beispiel der Nister wird gezeigt, wie sensibel ein Ökosystem auf vormals nicht im Nahrungsgefüge vorhandene Arten reagiert. Das Auftreten des Kormorans führte hier höchstwahrscheinlich nicht nur zum bloßen Rückgang von Fischbeständen. Das gesamte ökologische Gleichgewicht scheint aus den Fugen geraten zu sein. Die steigende Biomasse der Algen fixiert immer mehr Nährstoffe, die ansonsten ausgeschwemmt würden, und setzt sie innerhalb kurzer Zeit nach Absterben frei – mit allen negativen Folgen für das Gewässer und seine Bewohner (inklusive algenfressenden Makrozoobenthosorganismen). Ohne Eingreifen werden sich diese Teufelskreise verstärken.

Die Brisanz dieses Themas ist überaus deutlich. Verändert sich der Zustand der Nister nicht zum Besseren, so ist das Erreichen eines von der EG-Wasserrahmenrichtlinie geforderten „guten ökologischen Zustands“ nicht realisierbar. Auch ob unter diesen Bedingungen weiter Lachse erfolgreich laichen, darf bezweifelt werden. Besonders dramatisch entwickelt sich die Situation für die Flussmuscheln. Die extrem seltene Flussperlmuschel ist nur noch mit 28 Einzeltieren vertreten. Wie lange die sich zunehmend verschlechternden Lebensbedingungen noch ertragen werden können ist nicht vorhersehbar. Auch für andere Muschelarten steigt das Risiko rasant. An einer Dauerbeobachtungsstrecke musste in den letzten Jahren ein Bestandsrückgang sowohl der Bachmuschel als auch der Teichmuschel beobachtet werden.

So könnte falsch verstandener Artenschutz zu Gunsten des gebietsfremden Kormorans das Schicksal hoch gefährdeter heimischer Arten besiegeln.